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Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft oder: Anti-Dühring

AutorFriedrich Engels
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl325 Seiten
ISBN9788026805830
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft oder: Anti-Dühring' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft oder kurz: 'Anti-Dühring', ist eine von Friedrich Engels zuerst 1877 fortsetzungsweise im Vorwärts veröffentlichte Streitschrift gegen Eugen Dühring unter Mitarbeit von Karl Marx. Sie wird zu den einflussreichsten Texten des Marxismus gerechnet. Geschrieben von September 1876 bis Juni 1878, veröffentlicht im 'Vorwärts' vom 3. Januar 1877 bis 7. Juli 1878. Die erste Buchausgabe erschien 1877 sowie 1878 in Leipzig, die zweite Auflage 1886 in Zürich und die dritte durchgesehene und vermehrte Auflage 1894 in Stuttgart. Ursprünglich auf Bitten Wilhelm Liebknechts verfasst, um den Einfluss Eugen Dührings zu schmälern, entwickelte sich der in polemischem Stil abgefasste Anti-Dühring neben der Kurzfassung 'Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft' zum meistgelesenen Werk von Marx und Engels. Die Bedeutung des 'Anti-Dühring' liegt nicht in seiner Auseinandersetzung mit Dühring, sondern in der Darlegung der 'kommunistischen Weltanschauung' (Vorwort zur 2. Auflage). Nicht nur die Grundzüge des Marxismus werden dargestellt, es werden auch Themengebiete behandelt, die bisher unberührt blieben. Der 'Anti-Dühring' nimmt eine bedeutende Rolle für die Entwicklung des Marxismus ein. Lenin bezeichnete den Anti-Dühring zusammen mit dem Kommunistischen Manifest und den Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie als Handbücher jedes klassenbewussten Arbeiters.

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Leseprobe

Einleitung


I. Allgemeines


Der moderne Sozialismus ist seinem Inhalte nach zunächst das Erzeugnis der Anschauung, einerseits der in der modernen Gesellschaft herrschenden Klassengegensätze von Besitzenden und Besitzlosen, Lohnarbeitern und Bourgeois, andrerseits der in der Produktion herrschenden Anarchie. Aber seiner theoretischen Form nach erscheint er anfänglich als eine weitergetriebne, angeblich konsequentere Fortführung der von den großen französischen Aufklärern des 18. Jahrhunderts aufgestellten Grundsätze. Wie jede neue Theorie, mußte er zunächst anknüpfen an das vorgefundne Gedankenmaterial, sosehr auch seine Wurzel in den ökonomischen Tatsachen lag.

Die großen Männer, die in Frankreich die Köpfe für die kommende Revolution klärten, traten selbst äußerst revolutionär auf. Sie erkannten keine äußere Autorität an, welcher Art sie auch sei. Religion, Naturanschauung, Gesellschaft, Staatsordnung, alles wurde der schonungslosesten Kritik unterworfen; alles sollte seine Existenz vor dem Richterstuhl der Vernunft rechtfertigen oder auf die Existenz verzichten. Der denkende Verstand wurde als alleiniger Maßstab an alles angelegt. Es war die Zeit, wo, wie Hegel sagt, die Welt auf den Kopf gestellt wurde, zuerst in dem Sinn, daß der menschliche Kopf und die durch sein Denken gefundnen Sätze den Anspruch machten, als Grundlage aller menschlichen Handlung und Vergesellschaftung zu gelten; dann aber später auch in dem weitern Sinn, daß die Wirklichkeit, die diesen Sätzen widersprach, in der Tat von oben bis unten umgekehrt wurde. Alle bisherigen Gesellschafts-und Staatsformen, alle altüberlieferten Vorstellungen wurden als unvernünftig in die Rumpelkammer geworfen; die Welt hatte sich bisher lediglich von Vorurteilen leiten lassen; alles Vergangene verdiente nur Mitleid und Verachtung. Jetzt erst brach das Tageslicht an; von nun an sollte der Aberglaube, das Unrecht, das Privilegium und die Unterdrückung verdrängt werden durch die ewige Wahrheit, die ewige Gerechtigkeit, die in der Natur begründete Gleichheit und die unveräußerlichen Menschenrechte.

Wir wissen jetzt, daß dies Reich der Vernunft weiter nichts war, als das idealisierte Reich der Bourgeoisie; daß die ewige Gerechtigkeit ihre Verwirklichung fand in der Bourgeoisjustiz; daß die Gleichheit hinauslief auf die bürgerliche Gleichheit vor dem Gesetz; daß als eins der wesentlichsten Menschenrechte proklamiert wurde – das bürgerliche Eigentum; und daß der Vernunftstaat, der Rousseausche Gesellschaftsvertrag ins Leben trat und nur ins Leben treten konnte als bürgerliche, demokratische Republik. Sowenig wie alle ihre Vorgänger, konnten die großen Denker des 18. Jahrhunderts über die Schranken hinaus, die ihnen ihre eigne Epoche gesetzt hatte.

Aber neben dem Gegensatz von Feudaladel und Bürgertum bestand der allgemeine Gegensatz von Ausbeutern und Ausgebeuteten, von reichen Müßiggängern und arbeitenden Armen. War es doch grade dieser Umstand, der es den Vertretern der Bourgeoisie möglich machte, sich als Vertreter, nicht einer besondren Klasse, sondern der ganzen leidenden Menschheit hinzustellen. Noch mehr. Von ihrem Ursprung an war die Bourgeoisie behaftet mit ihrem Gegensatz: Kapitalisten können nicht bestehn ohne Lohnarbeiter, und im selben Verhältnis wie der mittelalterliche Zunftbürger sich zum modernen Bourgeois, im selben Verhältnis entwickelte sich auch der Zunftgeselle und nichtzünftige Tagelöhner zum Proletarier. Und wenn auch im ganzen und großen das Bürgertum beanspruchen durfte, im Kampf mit dem Adel gleichzeitig die Interessen der verschiednen arbeitenden Klassen jener Zeit mitzuvertreten, so brachen doch bei jeder großen bürgerlichen Bewegung selbständige Regungen derjenigen Klasse hervor, die die mehr oder weniger entwickelte Vorgängerin des modernen Proletariats war. So in der deutschen Reformations-und Bauernkriegszeit die Thomas Münzersche Richtung; in der großen englischen Revolution die Levellers; in der großen französischen Revolution Babeuf. Neben diesen revolutionären Schilderhebungen einer noch unfertigen Klapse gingen entsprechende theoretische Manifestationen her; im 16. und 17. Jahrhundert utopische Schilderungen idealer Gesellschaftszustände, im 18. schon direkt kommunistische Theorien (Morelly und Mably), Die Forderung der Gleichheit wurde nicht mehr auf die politischen Rechte beschränkt, sie sollte sich auch auf die gesellschaftliche Lage der einzelnen erstrecken; nicht bloß die Klassenprivilegien sollten aufgehoben werden, sondern die Klassenunterschiede selbst. Ein asketischer, an Sparta anknüpfender Kommunismus war so die erste Erscheinungsform der neuen Lehre. Dann folgten die drei großen Utopisten: Saint-Simon, bei dem die bürgerliche Richtung noch neben der proletarischen eine gewisse Geltung behielt; Fourier, und Owen, der, im Lande der entwickeltsten kapitalistischen Produktion und unter dem Eindruck der durch diese erzeugten Gegensätze, seine Vorschläge zur Beseitigung der Klassenunterschiede in direkter Anknüpfung an den französischen Materialismus systematisch entwickelte.

Allen dreien ist gemeinsam, daß sie nicht als Vertreter der Interessen des inzwischen historisch erzeugten Proletariats auftreten. Wie die Aufklärer, wollen sie nicht eine bestimmte Klasse, sondern die ganze Menschheit befreien. Wie jene, wollen sie das Reich der Vernunft und der ewigen Gerechtigkeit einführen; aber ihr Reich ist himmelweit verschieden von dem der Aufklärer. Auch die nach den Grundsätzen dieser Aufklärer eingerichtete bürgerliche Welt ist unvernünftig und ungerecht und wandert daher ebensogut in den Topf des Verwerflichen wie der Feudalismus und alle frühern Gesellschaftszustände. Daß die wirkliche Vernunft und Gerechtigkeit bisher nicht in der Welt geherrscht haben, kommt nur daher, daß man sie bisher nicht richtig erkannt hatte. Es fehlte eben der geniale einzelne Mann, der jetzt aufgetreten, und der die Wahrheit erkannt hat; daß er jetzt aufgetreten, daß die Wahrheit grade jetzt erkannt worden, ist nicht ein aus dem Zusammenhang der geschichtlichen Entwicklung mit Notwendigkeit folgendes, unvermeidliches Ereignis, sondern ein reiner Glücksfall. Er hätte ebensogut 500 Jahre früher geboren werden können und hätte dann der Menschheit 500 Jahre Irrtum, Kämpfe und Leiden erspart.

Diese Anschauungsweise ist wesentlich die aller englischen und französischen und der ersten deutschen Sozialisten, Weitling einbegriffen. Der Sozialismus ist der Ausdruck der absoluten Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit, und braucht nur entdeckt zu werden, um durch eigne Kraft die Welt zu erobern; da die absolute Wahrheit unabhängig von Zeit, Raum und menschlicher, geschichtlicher Entwicklung ist, so ist es bloßer Zufall, wann und wo sie entdeckt wird. Dabei ist dann die absolute Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit wieder bei jedem Schulstifter verschieden; und da bei einem jeden die besondre Art der absoluten Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit wieder bedingt ist durch seinen subjektiven Verstand, seine Lebensbedingungen, sein Maß von Kenntnissen und Denkschulung, so ist in diesem Konflikt absoluter Wahrheiten keine andre Lösung möglich, als daß sie sich aneinander abschleißen. Dabei konnte dann nichts andres herauskommen, als eine Art von eklektischem Durchschnittssozialismus, wie er in der Tat bis heute in den Köpfen der meisten sozialistischen Arbeiter in Frankreich und England herrscht, eine, äußerst mannigfaltige Schattierungen zulassende, Mischung aus den weniger auffälligen kritischen Auslassungen, ökonomischen Lehrsätzen und gesellschaftlichen Zukunftsvorstellungen der verschiednen Sektenstifter, eine Mischung, die sich um so leichter bewerkstelligt, je mehr den einzelnen Bestandteilen im Strom der Debatte die scharfen Ecken der Bestimmtheit abgeschliffen sind wie runden Kieseln im Bach. Um aus dem Sozialismus eine Wissenschaft zu machen, mußte er erst auf einen realen Boden gestellt werden.

Inzwischen war neben und nach der französischen Philosophie des 18. Jahrhunderts die neuere deutsche Philosophie entstanden und hatte in Hegel ihren Abschluß gefunden. Ihr größtes Verdienst war die Wiederaufnahme der Dialektik als der höchsten Form des Denkens. Die alten griechischen Philosophen waren alle geborne, naturwüchsige Dialektiker, und der universellste Kopf unter ihnen, Aristoteles, hat auch bereits die wesentlichsten Formen des dialektischen Denkens untersucht. Die neuere Philosophie dagegen, obwohl auch in ihr die Dialektik glänzende Vertreter hatte (z.B. Descartes und Spinoza), war besonders durch englischen Einfluß mehr und mehr in der sog. metaphysischen Denkweise festgefahren, von der auch die Franzosen des 18. Jahrhunderts, wenigstens in ihren speziell philosophischen Arbeiten, fast ausschließlich beherrscht wurden. Außerhalb der eigentlichen Philosophie waren sie ebenfalls imstande, Meisterwerke der Dialektik zu liefern; wir erinnern nur an »Rameaus Neffen« von Diderot und die »Abhandlung über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen« von Rousseau. – Wir geben hier kurz das Wesentliche beider Denkmethoden an; wir werden noch ausführlicher darauf zurückzukommen haben.

Wenn wir die Natur oder die Menschengeschichte oder unsre eigne geistige Tätigkeit der denkenden Betrachtung unterwerfen, so bietet sich uns zunächst dar das Bild einer unendlichen Verschlingung von Zusammenhängen und Wechselwirkungen, in der nichts bleibt, was, wo und wie es war, sondern alles sich bewegt, sich verändert, wird und vergeht. Diese ursprüngliche, naive, aber der Sache nach richtige Anschauung von der Welt ist die der alten griechischen Philosophie und ist zuerst klar...

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