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Adolf Heinrich Graf v. Arnim-Boitzenburg (1803-1868).

Eine politische Biographie.

AutorWolf Nitschke
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl462 Seiten
ISBN9783428511143
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis88,00 EUR
Die Konservativismus-Forschung weist zahlreiche Desiderata auf. Die vorliegende Dissertation nimmt sich eines dieser 'weißen Flecken' an, indem sie das politische Wirken des Grafen Adolf v. Arnim-Boitzenburg in den Blick nimmt, der zu Unrecht dem Vergessen anheimfiel: Arnim wurde 1842 jüngster Innenminister und am 19. März 1848 erster Ministerpräsident Preußens. Außerdem leitete er von 1849 bis 1866 konservative Fraktionen im preußischen Landtag. Die Karriere des Boitzenburgers verlief jedoch nicht so geradlinig, wie diese nüchternen Daten es vermuten lassen. Dies liegt daran, daß Arnim zwar konservativ war, jedoch sowohl mit dem 'Romantiker auf dem Thron' Friedrich Wilhelm IV. als auch mit führenden Altkonservativen wie Ernst-Ludwig v. Gerlach in Konflikt geriet. Um dieses Phänomen historisch verorten zu können, definiert der Verfasser den Begriff 'Staatskonservativismus', den schon Ernst-Rudolf Huber und Thomas Nipperdey verwendeten, neu: Er soll den Flügel des Konservativismus abgrenzen, dessen Vertreter sich an Staat und Dynastie orientierten und auch dann für eine starke Exekutive eintraten, wenn sie dabei in Konflikt mit dem regierenden Monarchen gerieten. Nicht zufällig wurde Arnim wie Bismarck also eine 'Neigung zum Absolutismus' bzw. 'Bonapartismus' vorgeworfen.

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Leseprobe
V. „Neue Ära“ und Verfassungskonflikt (1858–1866) (S. 339-340)

Nachdem König Friedrich Wilhelm IV. im Sommer 1857 erkrankt war, wurde sein Bruder Wilhelm am 23. Oktober 1857 zunächst nur für drei Monate zum Stellvertreter des Königs ernannt. Durch diese verfassungswidrige Stellvertretung versuchten die Konservativen den Machtwechsel hinauszuzögern1, den die volle Übernahme der Amtsgeschäfte durch den Thronfolger automatisch bedeutet hätte, weil Wilhelm seit dem Krimkrieg mit der oppositionellen Wochenblattpartei sympathisierte2. Die Stellvertretung wurde am 6. Januar, am 9. April und am 25. Juni 1858 für jeweils drei Monate verlängert.

Im Spätsommer 1858 rückten dann die Wahlen zum Abgeordnetenhaus näher, was die Konservativen in Zugzwang brachte: Entweder wurde eine dauerhafte Vertretung des Königs beschlossen oder im Wahlkampf ausführlich thematisiert. Am 7. Oktober 1858 wurde darum im Kronrat auf Drängen des Prinzen Wilhelm und auf Grund der Tätigkeit der liberalen Opposition die Einrichtung einer Regentschaft gemäß Art. 56 der Verfassung beschlossen.

Am 25. Oktober stimmte der Landtag einstimmig zu5, am folgenden Tage leistete Prinz Wilhelm seinen Eid als Regent6. Auf Grund dieser Auseinandersetzungen um die Regentschaft war das Verhältnis zwischen Wilhelm und den Altkonservativen vollends gestört. Die erste Amtshandlung des Regenten waren die Entlassung des Innenministers Westphalen, der bis zuletzt gegen die Regentschaft opponiert hatte; wenig später folgten die Entlassung des Ministerpräsidenten Otto v. Manteuffel und die Bildung eines gemäßigt liberalen Ministeriums unter Karl Anton v. Hohenzollern-Sigmaringen am 6. November 18587, an dem auch die nationalkonservative Wochenblattpartei beteiligt wurde und als dessen eigentlicher Kopf Rudolf v. Auerswald galt.

Am 8. November trat der Prinzregent mit einer aufsehenerregenden Regierungserklärung vor dieses neue Kabinett, in der unter anderem die Maxime enthalten war: „In Deutschland muß Preußen moralische Eroberungen machen.“9 Außerdem habe die Regierung „überall das Recht zu schützen.“ Dieses Regierungsprogramm fußte im wesentlichen auf den Ideen der Wochenblattpartei10; es bedeutete einen demonstrativen Bruch mit der Manteuffelschen Politik.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort6
Inhaltsverzeichnis8
Abkürzungsverzeichnis11
Einleitung12
1. Entwicklung der Fragestellung12
2. Charakterisierung der ostdeutschen Adelsherrschaft15
3. Skizze der preußischen Verwaltung19
4. Typologisierung des preußischen Konservativismus22
5. Grundzüge der Entwicklung des Parlamentarismus in Preußen30
I. Charakterprägung unter Friedrich Wilhelm III. (1803–1840)36
1. Herkunft und Kinderjahre (1803–1813)38
a) Die Boitzenburger Ahnen39
b) Die Herrschaft Boitzenburg47
c) Die Mutter und ihre Vorfahren49
d) Unruhige Kindheit (1803–1813)52
2. Ausbildung und geistige Prägung (1813–1830)54
a) Schulzeit (1813–1821)54
b) Studium (1821–1824)59
c) Militärdienst und Ausbildung im Staatsdienst (1824–1830)65
3. Beginn einer Karriere im Staatsdienst (1830–1840)71
a) Landrat in Templin in der Uckermark (1830–1833)73
b) Vizepräsident in Stralsund (1833/34)75
c) Regierungspräsident in Aachen (1834–1837)76
d) Im Wartestand (1837–1840)87
4. Grundlagen des politischen Denkens91
II. Der Revolution entgegen (1841–1847)104
1. Oberpräsident in Posen (1841/42)106
2. Innenminister (1842–1845)119
a) Restriktive Zensur- und Polizeimaßnahmen122
b) Initiativen zur Beeinflussung der Provinziallandtage133
c) Differenzen wegen der Vereinigten ständischen Ausschüsse139
d) Ringen um einen Vereinigten Landtag145
e) Beurteilung von Arnims Tätigkeit als Innenminister159
3. Die Bildung des ersten Vereinigten Landtags (1845–1847)163
4. Konservative Sammlungsbemühungen im Vormärz178
III. Revolution und Gegenrevolution (1848–1850)188
1. Ministerpräsident von Preußen (19.03.–29.03.1848)190
a) Die Eskalation der Gewalt (09.–18.03.1848)191
b) Die Straßenkämpfe am 18. und 19. März 1848197
c) Krisenmanagement und ständige Kontroversen (19.–28.03.1848)207
d) Der Rücktritt des Grafen Arnim am 29. März 1848220
2. In der konservativen Opposition (1848/49)222
a) Der zweite Vereinigte Landtag (02.–10.04.1848)223
b) Ein kurzes Gastspiel in der deutschen Nationalversammlung225
c) In der außerparlamentarischen Opposition228
d) Das endgültige Ende der Revolution im Frühjahr 1849232
3. Verfassungsrevision und Unionspolitik (1849/50)238
a) Der Oktroi des Dreiklassenwahlrechts im Sommer 1849239
b) Die Revision der Verfassung im Landtag241
c) Staatskrise und Abschluß der Verfassungsberatungen248
d) Unionspolitik und Erfurter Unionsparlament (1849/50)257
4. Die Formierung der Konservativen als Reaktion auf die 48er Revolution262
a) Die Konservativen und die Märzrevolution262
b) Die konservative Opposition des Jahres 1848264
c) Die Konservativen und die Gegenrevolution (1848–1850)274
d) Die Konservativen und die Deutsche Frage286
IV. Die „Reaktionszeit“ (1851–1858)290
1. Die Lösung der Oberhausfrage292
2. Die Revision der Kommunalordnung305
3. Debatten über Budget- und Steuervorlagen311
a) Die Entstehung der „Lückentheorie“ im Frühjahr 1851312
b) Diskussionen über die Militärkredite während des Krimkrieges313
c) Der Triumph der Interessenpolitik315
4. Differenzen innerhalb der konservativen Partei in den 1850er Jahren321
a) Konflikte zwischen führenden Konservativen322
b) Die Entwicklung der konservativen Landtagsfraktionen333
V. „Neue Ära“ und Verfassungskonflikt (1858–1866)340
1. Erfolg und Mißerfolg der Reformpolitik (1858–1862)342
a) Die Verabschiedung der Grundsteuerreform342
b) Das Ringen um die Heeresreform350
c) Das Ende der „Neuen Ära“357
2. Der Verfassungskonflikt (1862–1866)361
a) Der Ausbruch des Konfliktes und die „Lückentheorie“362
b) Die Verhärtung der Fronten365
c) Innenpolitischer Stillstand368
3. Von Düppel nach Königgrätz (1864–1866)371
4. Die Krise der Konservativen (1858–1866)379
a) Die Konservativen in der Opposition (1858–1862)379
b) Der Verfassungskonflikt und das konservative Herrenhaus386
c) Bismarcks „Revolution von oben“ und die Spaltung der Konservativen390
Schlußbetrachtungen392
Quellen- und Literaturverzeichnis400
1. Ungedruckte Quellen400
2. Gedruckte Quellen402
3. Literatur415
Zeitleiste446
Personenverzeichnis449
Stichwortverzeichnis458

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